Nebenwirkungen von Psychotherapie


Nebenwirkungsmonitoring führt nicht zu Verschlechterung sondern zu Verbesserung der therapeutischen Beziehung

Nebenwirkungen von Psychotherapie sind häufig. Therapeuten und Patienten müssen negative Entwicklungen erkennen, um gegensteuern zu können. Therapeuten können jedoch Vorbehalte haben, über Probleme ihrer eigenen Behandlung zu sprechen: Es könnte sein, dass das Sprechen über Nebenwirkungen die therapeutische Beziehung beeinträchtigt.

In dieser experimentellen Studie untersuchten wir, ob eine explizite Besprechung von Nebenwirkungen einen negativen Effekt auf die therapeutische Beziehung hat. Therapeuten und Patienten der Interventionsgruppe (IG) füllten einen Nebenwirkungsfragebogen aus und diskutierten ihre Bewertungen. Da unerwünschte Ereignisse therapieunabhängig sein können, aber auch behandlungsbedingte Nebenwirkungen vorkommen können, fragt die Nebenwirkungsskala zunächst nach unerwünschten Ereignissen und dann nach deren Zusammenhang mit der laufenden Behandlung. In einer Kontrollgruppe (KG) erfolgte die Behandlung ohne besondere Überwachung der Nebenwirkungen. Beide Gruppen füllten einen Fragebogen zur therapeutischen Beziehung aus.

IG-Therapeuten berichteten in 100 % und IG-Patienten in 85 % der Fälle über verschiedene unerwünschte Ereignisse: Komplexität der Probleme, belastende oder überfordernde Therapie, Probleme bei der Arbeit und Symptomverschlechterung. Nebenwirkungen wurden von 90 % der Therapeuten und von 65 % der Patienten angegeben. Die häufigsten Nebenwirkungen waren gedankliche Irritation und vorübergehende Verschlimmerung der Symptome.

IG-Therapeuten beobachteten eine Verbesserung der globalen therapeutischen Allianz. IG-Patienten empfanden eine Verbesserung der Bindung. Bei der KG wurden keine vergleichbaren Veränderungen festgestellt.

Die Ausgangshypothese – Sprechen über Nebenwirkungen verschlechtert die therapeutische Beziehung – muss verworfen werden. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Überwachung und die Diskussion von Nebenwirkungen die therapeutische Allianz sogar verbessern können. Therapeuten müssen nicht befürchten, dass dadurch der therapeutische Prozess gefährdet wird. Die Verwendung eines standardisierten Instruments wie einer Nebenwirkungsskala erscheint hilfreich.

Quelle: Muschalla, B., Müller, J., Grocholewski, A., & Linden, M. (2022). Talking about Side Effects in Psychotherapy Did Not Impair the Therapeutic Alliance in an Experimental Study. Psychotherapy and Psychosomatics, 91(5), 360-362. doi: 10.1159/000524278.