Let’s talk about Sex


Eine explorative Analyse zur Einbeziehung des Themas Sexualität in die Verhaltenstherapie

Epidemiologische Befunde legen ein hohes Vorhandensein sexueller Probleme in der Allgemeinbevölkerung und ein noch höheres Vorhandensein in klinischen Stichproben nahe – dennoch scheinen Patient*innen diese Probleme nur selten von sich aus zu thematisieren. Es ist somit Aufgabe der Behandelnden, das Thema Sexualität proaktiv anzusprechen und in die Therapie mit einzubeziehen. Gleichzeitig kommen Behandelnde dieser Aufgabe häufig nur unzureichend nach.

Mit einem Mixed-Methods-Design wurde die Rolle von Sexualität in der Psychotherapie untersucht [1]: Zunächst wurde eine Patient*innenstudie durchgeführt, in der für N = 292 Patient*innen der PTA die Häufigkeit des Vorliegens sexueller Probleme sowie die Verteilung hinsichtlich der Patient*innenmerkmale Alter, Geschlecht und Primärstörung deskriptiv untersucht wurden. Zudem wurde in einer weiteren Erhebung mittels leitfadengestützter Interviews die Sicht von N = 9 Psychotherapierenden der PTA auf die Einbeziehung von Sexualität und damit zusammenhängende zentrale Einflussfaktoren beleuchtet.

Die Ergebnisse der Patient*innenstudie zeigten insgesamt ein hohes Vorkommen sexueller Probleme bei den Patient*innen der PTA (s. Abbildung). Bezüglich der Verteilung war zu erkennen, dass weibliche Patient*innen häufiger als männliche Patient*innen, ältere häufiger als jüngere Patient*innen und Patient*innen mit einer Depression als Primärstörung etwas häufiger als Patient*innen mit anderen Störungen von sexuellen Problemen betroffen waren.

Hinsichtlich der Ergebnisse der Therapierendenstudie konnte gefunden werden, dass die befragten Therapierenden den Bereich Sexualität zwar zu Beginn der Therapie explorieren, eine Einbeziehung im weiteren Therapieverlauf jedoch häufig nicht stattfindet. Bezüglich der Einflussfaktoren auf die weitere Einbeziehung der Sexualität in die Behandlung konnte unterschieden werden in therapierendenbezogene (z.B. persönliche Befürchtungen), patient*innenbezogene (z.B. Anliegen der Patient*innen), interaktionelle (z.B. therapeutische Beziehung) und situative (z.B. zeitlicher Rahmen) Faktoren.

Aus den Ergebnissen ließ sich ein Modell zur stärkeren Integration von Sexualität in die Therapie sowie Implikationen für die Therapieausbildung und die Therapierenden selbst ableiten: Kernelemente für eine erfolgreiche Miteinbeziehung sind das Wohlbefinden des Therapierenden beim Ansprechen des Themas, eine sexpositive Einstellung, in der nicht nur Probleme, sondern auch Ressourcen fokussiert werden, sowie Wissen über den Nutzen des Einbezugs des Themas Sexualität in eine laufende Therapie.

Relative Häufigkeiten (in %) der sexuellen Zufriedenheit insgesamt im letzten Monat, erhoben im Rahmen der Patient*innenstudie

Quelle: [1] Schneider, S. M. (2021). Let’s talk about Sex – Eine explorative Analyse zur Rolle der Einbeziehung des Themas Sexualität in die Verhaltenstherapie. Technische Universität Braunschweig: Unveröffentlichte Masterarbeit.