Einfluss komorbider Persönlichkeitsstörungen


… auf die Symptomveränderung von Achse I-Störungen durch ambulante Verhaltenstherapie

In einer Studie im Rahmen einer Bachelorarbeit wurde untersucht, ob Patient*innen der Psychotherapieambulanz (PTA) mit einer komorbiden Persönlichkeitsstörung eine geringere Symptomverbesserung ihrer derzeit aktuellen psychischen Störungen
erreichten als jene Patient*innen ohne komorbide Persönlichkeits-
störung. Dafür wurden die Daten von 343 Patient*innen analysiert, die zwischen Januar 2016 und Mai 2021 eine Therapie in der PTA
Braunschweig erhalten haben. Von diesen wiesen 62 Personen die
Diagnose einer komorbiden Persönlichkeitsstörung auf, während bei 281 von ihnen keine Persönlichkeitsstörung diagnostiziert wurde.

Als Ergebnis-Maß für die Symptombelastung wurde der Global
Severity Index (GSI) der SCL-90-R herangezogen. Zudem wurde in zwei Teilstichproben die Veränderung der depressiven Symptomatik bei Patient*innen mit einer Depressiven Störung (F32/33) und die Veränderung der Angstsymptomatik bei Patient*innen mit einer phobischen oder anderen Angststörung (F40/41) untersucht. Explorativ wurde außerdem analysiert, ob Patient*innen mit einer komorbiden Persönlichkeitsstörung die Therapie anders bewerteten als Patient*innen ohne komorbide Persönlichkeitsstörung.

Die Analysen ergeben, dass Patient*innen mit komorbider Persönlichkeitsstörung keine signifikant schlechtere Verbesserung der allgemeinen Symptombelastung vorwiesen als jene Patient*innen ohne Persönlichkeitsstörung. Auch bei der Verbesserung der depressiven Symptomatik in der Stichprobe der depressiven Patient*innen hatte das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung keinen signifikanten Einfluss. In der Teilstichprobe der Patient*innen mit einer Angststörung hingegen erreichten die Patient*innen ohne komorbide Persönlichkeitsstörung eine signifikant höhere Verbesserung der Angstsymptomatik als die Patient*innen mit komorbider Persönlichkeitsstörung. Allerdings ist hierbei die geringe Stichprobengröße von n = 8 in der Gruppe mit Persönlichkeitsstörung zu beachten, sodass dieser Befund mit Vorsicht interpretiert werden sollte.

Deskriptiv konnte zudem gezeigt werden, dass Patient*innen mit komorbider Persönlichkeitsstörung im Fragebogen zur Therapie durchweg, mit Ausnahme eines Items, geringere Werte angaben, diese die Therapie also schlechter bewerteten als Patient*innen ohne Persönlichkeitsstörung. Diese Unterschiede waren jedoch marginal und sollten in weiteren Studien näher untersucht werden.

Insgesamt zeigen die Ergebnisse, dass Patient*innen mit komorbider Persönlichkeitsstörung nicht in geringerem Maß von der Therapie profitierten als Patient*innen, die keine komorbide Persönlichkeitsstörung aufwiesen. Aufgrund geringer Stichprobengrößen ist die Generalisierbarkeit dieser Befunde stark eingeschränkt, aber zumindest für die Patient*innen und Therapeut*innen der PTA Braunschweig sind diese Befunde wohl
ermutigend.

Prä-Post-Vergleich der Mittelwerte im GSI bei Patient*innen ohne
(n = 281) und mit komorbider Persönlichkeitsstörung (PST; n = 62)
Prä-Post-Vergleich der Mittelwerte des PHQ-9- bzw. GAD-7-Summenwerts bei Patient*innen ohne (n = 142 bzw. 43) und mit komorbider Persönlichkeitsstörung (PST; n = 34 bzw. 8)

[1] Schultz, T. (2021). Einfluss komorbider Persönlichkeitsstörungen auf die Symptomveränderung von Achse I-Störungen durch ambulante Verhaltenstherapie. Technische Universität Braunschweig: Unveröffentlichte Bachelorarbeit.